Die geopolitischen Spannungen nehmen weltweit zu – und Europa droht, zwischen den Interessen der USA, Russlands und Chinas zerrieben zu werden. Während autokratische Tendenzen in den USA deutlich zunehmen, Russland weiterhin eine aggressive Außenpolitik verfolgt und China wirtschaftlich an Einfluss gewinnt, wirkt Europa erschreckend uneinig. Die Gefahr: Ein Rückfall in nationale Egoismen, der die Europäische Union spaltet und ihren Einfluss sowie die Sicherheit schwächt.
Ein Blick nach Amerika: Demokratie auf dem Abstellgleis?
Die aktuellen Entwicklungen in den USA erinnern an historische Szenarien, die man längst überwunden glaubte. Das „Project 2025“, eine von der konservativen Heritage Foundation entworfene politische Agenda, skizziert die Pläne für eine radikale Umgestaltung des Staates:
- Massenentlassungen im Staatsdienst: Rund 50.000 Regierungsmitarbeiter werden entlassen und dann teilweise durch loyale Trump-Anhänger ersetzt werden.
- Stärkere Exekutivgewalt: Der Präsident erhält weitreichendere Befugnisse, wodurch Kontrollmechanismen des Kongresses geschwächt werden.
- Abkehr von internationalen Verpflichtungen: NATO und EU gelten als zweitrangig, stattdessen rücken bilaterale Deals und ein isolationistischer Kurs in den Vordergrund.
Würden wir das auf Deutschland übertragen, ergäbe sich ein erschreckendes Bild:
- Ein Kanzler mit autokratischen Zügen, der offen Nachbarstaaten wie Österreich und die Schweiz mit militärischer Gewalt bedroht um diese zum eigenen Staatsgebiet zu erklären.
- Ein Verteidigungsminister, der Demonstranten mit Waffengewalt zum Schweigen bringen will.
- Ein Verfassungsschutz, der mit autoritären Regimen kooperiert.
- Ein Bundesfinanzminister, der radikale Steuererleichterungen für die Superreichen plant, während Sozialsysteme lahmgelegt werden und die Gesellschaft weiter gespalten wird.
Klingt absurd? In den USA nimmt dieser Plan gerade Form an. Ein Blick ins „Project 2025“ genügt, um zu sehen, wie detailliert der Umbau in eine autokratische Struktur vorbereitet und teilweise bereits vollzogen wird.
Russland: Der ständige Unruhestifter im Osten
Russland verfolgt weiterhin seine imperialistischen Ziele. Der Angriffskrieg in der Ukraine hat gezeigt, dass Moskau bereit ist, geopolitische Grenzen gewaltsam zu verschieben. Die wirtschaftlichen Sanktionen des Westens zeigen Wirkung, doch Russland bleibt durch Energieexporte nach China und Indien wirtschaftlich stabil genug, um den Krieg fortzusetzen. Gleichzeitig nimmt die hybride Kriegsführung gegen Europa zu:
- Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien.
- Propaganda in sozialen Medien, die gezielt Misstrauen in die Demokratie säen soll.
- Destabilisierungsversuche in den Balkanstaaten, um neue Unruhezonen an den Grenzen der EU zu schaffen.
Putins Kalkül: Ein geschwächtes, gespaltenes Europa, das sich nicht geschlossen gegen russische Aggressionen wehren kann.
China: Die wirtschaftliche Schlinge zieht sich zu
Während Russland auf militärische Stärke setzt, agiert China subtiler, aber nicht weniger effektiv. Pekings „Neue Seidenstraße“ (Belt and Road Initiative) hat Europa längst erreicht. Häfen in Griechenland, Infrastrukturprojekte in Osteuropa – China sichert sich wirtschaftliche Hebel, um im Konfliktfall politischen Druck auszuüben. Zudem wächst die Abhängigkeit von chinesischen Produkten, vor allem in der Technologiebranche.
- 2023 kamen über 70% aller Solarmodule in Europa aus China.
- Im Bereich der E-Mobilität liegt China mit Herstellern wie BYD und CATL weit vor europäischen Unternehmen.
So kontrolliert China bald auch die traditionellen Branchen in Europa, die den Anschluss längst verpasst haben und bricht die vormals wirtschaftliche Stärke Europas.
China braucht keine Panzer, um Europa zu beeinflussen. Wirtschaftliche Abhängigkeit ist das schärfste Schwert der neuen Supermacht.
Europa: Zwischen Zerrissenheit und Ohnmacht
Während die großen Mächte klare Strategien verfolgen, scheint Europa zögerlich und uneins. Die Migrationsfrage spaltet die Mitgliedstaaten, nationale Egoismen gewinnen an Bedeutung:
- Polen und Ungarn blockieren Beschlüsse zur Verteilung von Geflüchteten.
- Deutschland streitet intern über Waffenlieferungen an die Ukraine.
- Frankreich fordert eine stärkere europäische Armee, während andere Länder auf eine bereits bröckelnde NATO setzen, deren stärkstes Mitglied USA Teile Europas mittlerweile wie Feinde behandelt.
Die EU ist noch wirtschaftlich stark, politisch jedoch anfällig. Nationale Interessen gefährden das gemeinsame Projekt und bieten externen Kräften Angriffsfläche.
Die Gefahr des Zerfalls
Populistische Parteien gewinnen an Boden. In Italien regiert mit Giorgia Meloni eine nationalkonservative Regierung, in Frankreich könnte der Rassemblement National unter Marine Le Pen bei den nächsten Wahlen triumphieren. In Deutschland liegt die AfD in einigen Bundesländern bereits vor den etablierten Parteien.
Die Gefahr: Ein Rückfall in den Nationalstaat, bei dem Europa zu einem Flickenteppich geopolitischer Interessen wird – ein gefundenes Fressen für die USA, Russland und China.
Meine Perspektive: Europas letzte Chance
Europa steht an einem Scheideweg. Die USA könnten sich unter Trump von Europa abwenden, Russland will destabilisieren und China wirtschaftlich dominieren. Wenn die EU als politische Einheit überleben will, muss sie jetzt handeln:
- Gemeinsame Außenpolitik: Klare, einheitliche Positionen gegenüber Russland, China und den USA.
- Stärkung der Verteidigungsfähigkeit: Ein Ausbau der europäischen Verteidigungsstrukturen – auch unabhängig von der NATO.
- Wirtschaftliche Unabhängigkeit: Investitionen in Schlüsselindustrien wie Energie, Technologie und Rüstung, um Abhängigkeiten von China und den USA zu reduzieren.
- Schutz der demokratischen Grundwerte: Bekämpfung von Propaganda, Cyberangriffen und politischem Extremismus mit entschlossenen Maßnahmen.
Meiner Überzeugung nach entscheiden die nächsten Jahre, ob Europa eine starke, geeinte Stimme in der Welt bleibt oder sich in nationalen Egoismen verliert und zum Spielball externer Mächte wird. Die Zeit zum Handeln ist jetzt!